Presseberichte Lieb´ du mich, wie ich dich… 2003

Chormatinee: Vocalensemble begeistert mit anspruchsvollem Programm 150 Besucher im Adlersaal

Rüsselsheimer Echo vom 30.6.2003

Romantik pur war angesagt bei der Chormatinee, die das Vocalensemble am Sonntagvormittag im Adlersaal gab. Die etwa 150 Besucher erlebten ein äußerst anspruchsvolles Programm, das unter dem Motto „Lieb‘ du mich wie ich dich“ harmonisch auf die Gefühlswelt der ausgewählten Chor-Kompositionen von Robert Schumann, Johannes Brahms, Fanny Hensel-Mendelssohn und Edward Elgar abgestimmt war.

Bereits im einleitend dargebotenen „Zigeunerleben“ von Schumann kamen die chorischen Qualitäten des Vocalensembles zur Geltung: Äußerste Präzision in den mehrstimmigen Abläufen wie in den solistischen Passagen der Chorgruppen.

Der kultivierte Chorklang kam Johannes Brahms‘ „Zigeunerliedern“ op. 103 in besonderem Maße zugute. Gleichwohl hätte den zwischen mitreißendem Temperament („Brauner Bursche führt zum Tanze“) und zarter Innigkeit („Kommt dir manchmal in den Sinn““) pendelnden Liedern ein gelegentlich energischerer Zugriff nicht geschadet.

Für die eher verhaltene Interpretation waren indes eher Äußerlichkeiten als innere Einstellung und Bereitschaft zuständig: Die 40 Choristen sangen, teilweise seitlich hinter dämpfende Vorhänge gedrängt, von der überhohen Bühne des akustisch ohnehin undankbaren Adlersaales gewissermaßen über die Köpfe der Zuhörer hinweg und verschenkten somit klanglich einiges an Möglichkeiten.

Welche Klangpracht der Chor zu entfalten vermag, wurde deutlich beim brillant vorgetragenen Eröffnungschor („The Dance“) der „Scenes from the Bavarian Highlands“ von Edward Elgar. Hier wie bereits bei Brahms kam der versierten, weniger auf Expressivität als – umso mehr – auf technische Virtuosität bedachten Klavierbegleitung Eveline Casteals entscheidende Bedeutung innerhalb der hervorragenden musikalischen Umsetzung zu.

Es gehört zu den Verdiensten des Chorleiters Stefan Speyer, dass diese Kompositionen der über Jahrzehnte verkannten und vernachlässigten Schwester Felix Mendelssohn-Bartholdys ins Konzertprogramm aufgenommen wurden. Die Intensität, mit der der Dirigent den harmonisch reizvoll gesetzten Liedern Ausdruck verlieh, und auch die souveräne Art, wie er für eine punktgenaue Koordination der diffizilen Choreinsätze und für die Vermittlung ausgefeilter Details sorgte, nötigte den begeisterten Zuhörern Respekt und lang anhaltenden Applaus ab, der gleichermaßen den Sängerinnen und Sängern des Rüsselsheimer Vocalensembles, der Rüsselsheimer Pianistin Eveline Casteal und den überaus kompetenten Programmerläuterungen galt.

Das menschliche Gefühl und die Natur – „Rüsselsheimer Vocalensemble“ singt Kompositionen aus der Romantik im „Adlerpalast“

Main-Spitze vom 1.7.2003

Es ist die Zeit der wieder entdeckten Empfindsamkeit, der sich das „Rüsselsheimer Vocalensemble“ am Sonntagvormittag widmete. Vor gut 150 Gästen, unter ihnen auch OB Stefan Gieltowski, stellte der Chor im „Adlerpalast“ sein neues Programm romantischer Lieder „Lieb‘ Du mich, wie ich Dich“ vor. Unter anderem standen Stücke von Brahms, Schumann und Elgar auf dem Spielplan.

Es war kein leichtes Programm, das sich Leiter Stefan Speyer und sein Chor zusammen mit Pianistin Eveline Casteal vorgenommen hatten. Durch großen Tonumfang und Dynamikspannen barg die vordergründig leicht und beschwingt wirkende Liedersammlung für die Ausführenden einige Herausforderungen.

Die erste Hälfte des zweiteiligen Programms stellten die Sängerinnen und Sänger des „Rüsselsheimer Vocalensembles“ ganz unter das in der Romantik viel zitierte Zigeuner-Sujet. Robert Schumanns „Zigeunerleben“, ein kurzes Vokalstück gespickt mit feurigen Themen, darauf folgte mit Johannes Brahms‘ „Zigeunerliedern“ eine elfteilige Sammlung ebenfalls vom Balkan inspirierter Vokalstücke. Aus den Texten des Lyrikers Hugo Conrat wurde durch die kompositorische Gestaltung des 1897 verstorbenen Brahms ein ebenso geheimnisvoller wie konzentrierter Blick in die Befindlichkeit der Zeit.

Beginnende Entzauberung der Umwelt durch technischen Fortschritt und das wachsende Elend früher Industriestädte ließ die Sehnsucht nach ahnungsvollem Naturempfinden, freien Gefühlen und ländlichem Idyll erwachen. Genau dies suchten und fanden, wie am Sonntag zu hören war, die deutschen Romantiker im Thema des fahrenden Volkes. Brahms‘ Liedersammlung war gekennzeichnet von kurz aufeinander folgenden Gefühlsschwankungen von fast schmachtender Sehnsucht bis zur Feierlaune im Überschwang, die Chorsätze angereichert mit Zitaten aus der Musik der Sinti und Roma.

Nach einer kurzen Pause stand dann die wohl zentralste Thematik der romantischen Geisteshaltung im Mittelpunkt. Fanny Hensels „Gartenlieder“ beschrieben, zu Texten von Eichendorff, Geibel und Uhland, den transzendenten Charakter der Natur. Immer wieder tauchen verklärte Bilder einer Umwelt auf, die in fast mystischer Weise mit der menschlichen Gefühlswelt korrespondiert. Auch Edward Elgars „Scenes from the Bavarian Highlands“ spielt, trotz seiner Entstehungszeit in der bereits auslaufenden Romantik, mit den erwähnten Bildern.

Es war ein durchweg packendes Programm, das das „Rüsselsheimer Vocalensemble“ mit „Lieb‘ Du mich, wie ich Dich“ vorstellte. Um so besser daher, dass die Lieder in dem Rüsselsheimer Chor ein würdiges Ensemble gefunden hatten, das es vermochte die kunst- wie anspruchsvollen, extrovertierten Arrangements sicher umzusetzen.