Presseberichte Gabriel Fauré – Requiem 2006
Konzertdetails
Trauer in der Musik
Vocalensemble nimmt sich anstelle von Adventskonzerten ein Requiem Gabriel Faurés vor – Chormusik in makelloser Artikulation
Rüsselsheimer Echo vom 27.11.2006
Intensive und persönliche Auseinandersetzungen mit dem Tod bestimmen die Requiem-Vertonungen vieler Komponisten, wobei die musikalischen Lösungen, die Mozart, Verdi oder Brahms gefunden haben, sich einer besonderen Beliebtheit erfreuen und sich im Konzertbetrieb am nachhaltigsten durchgesetzt haben. Eher am Rande des Kanons von Trauermusiken bewegt sich das Requiem op. 48 des 1924 gestorbenen französischen Komponisten Gabriel Fauré, dessen kompositorischer Schwerpunkt in der Klavier- und Kammermusik liegt.
Auf seine Tradition der Adventskonzerte verzichtend, hat das Rüsselsheimer Vocalensemble jetzt dieses Requiem Faurés aufgeführt und mit den Konzerten in der Versöhnungskirche am Samstag und in der Bingener Johanneskirche am Totensonntag das passende Wochenende zum Ende des Kirchenjahres gewählt.
Die künstlerischen Voraussetzungen für eine ungemein verinnerlichte, klangsensible Interpretation waren günstig, denn unter der Leitung von Stefan Speyer haben die rund vierzig Choristen des Vocalensembles gelernt, den Klang auch in einem zwei- oder dreifachen Piano (so am Beginn und am Ende von Faurés Requiem) rund und tragfähig auszuformen, dynamisch auf engem Raum zu differenzieren und kontrastreich zu gestalten. Gradmesser für eine derartige Gesangskultur und die Tragfähigkeit der einzelnen Chorstimmen waren die Solostrecken der Tenöre (homogen trotz kleiner Besetzung) und der Soprane (wunderschön aufblühend im abschließenden „In Paradisum“) und die eindringlichen, sich verdichtenden Unisonopassagen aller Chorstimmen („Libera me“).
Den kontemplativen Grundzug des Werkes betonte ebenfalls die Instrumentalgruppe, die mit einer Violine, vier Bratschen und vier Celli einen dunkel abgetönten, geradezu glühenden Streicherklang präsentierte und damit einen glücklichen Kontrast zu Felix Sokolis nuanciertem, klar konturiertem Orgelpart lieferte.
Ausgeprägtes Solistenprofil unterstützte den verinnerlichten, intimen Gesamteindruck: Frank Segner setzte seinen lyrisch-kantablen Bariton im „Hostias“ frei und schlank ein und beließ das angstvolle Flehen des „Libera me“ in stiller Verhaltenheit. Im „Pie Jesu“ schwang sich Ines Behrendt zu leuchtender Sopranhelle und emotionaler Erfülltheit auf. In der Steuerung von Chor, Orgel, Streichern und Gesangssolisten zeigte sich Stefan Speyer als ein umsichtiger, präzise agierender Dirigent, der im vokalen wie im instrumentalen Ausdrucksidiom gleichermaßen beheimatet ist – keineswegs eine Selbstverständlichkeit.
Geistliche Chormusik aus England, mit makelloser Artikulation und chorischer Homogenität vorgetragen, war Faurés Requiem im ersten Programmteil vorausgegangen. Hier blieben die durchweg ruhigen, gefälligen Chorsätze John Rutters besonders nachhaltig in Erinnerung, unterbrochen von dem kompositorisch anspruchsvolleren, aber auch spröderen und herberen „I lift my eyes“ von Norman Warren und abgerundet von dem zum Requiem überleitenden „Cantique de Jean Racine“ von Gabriel Fauré.
Ausgestattet mit einer hervorragenden Programmbroschüre, die alle Werktexte nebst deutscher Übersetzung enthielt, bedankten sich die etwa 150 Besucher mit anhaltendem Applaus und wurden mit Mozarts berühmtem „Ave verum“ als Zugabe belohnt.
Anspruchsvolle Literatur problemlos gesungen
Vocalensemble Rüsselsheim überzeugt in der Versöhungsgemeinde mit dem Requiem von Fauré und Kirchenliedern
Main-Spitze vom 27.11.2006
Geistliche Lieder prägen und fördern den Zusammenhalt einer Glaubensgemeinschaft. Das war beim Konzert des Vocalensembles Rüsselsheim in der Versöhnungsgemeinde deutlich zu spüren. Höhepunkt des Konzertes war das Requiem, diesmal nicht in der Fassung von Wolfgang Amadeus Mozart oder Giuseppe Verdi sondern aus der Feder des französischen Komponisten Gabriel Fauré.
Ob gefühlvoll oder mit fast fanatischer Inbrunst, so müssen sich Kirchenlieder anhören. Das Vocalensemble Rüsselsheim unter der Leitung von Stefan Speyer hatte mit geistlicher Chormusik aus England das Konzert begonnen. Es waren die Werke von John Rutter, dem laut ausgelegtem Programm wohl gegenwärtig bedeutendsten englischen Komponisten von Chor- und Kirchenmusik.
Rutter spielt mit den Stimmen des Chores, verleiht den Worten der Lieder, die eigentlich gesungene Gebete sind, eine übergeordnete Bedeutung. Der Zuhörer empfindet die tiefe Religiosität, die hier ausgedrückt wird. Dankbar wurde so auch der Hinweis des Chorleiters aufgenommen, nicht nach jedem Lied Beifall zu spenden. Die Zeit zwischen den einzelnen, meist kurzen Liedern, wurde zum Nachdenken und der eigenen Besinnung gebraucht.
Der Applaus kam dann am Ende umso freudiger für die gelungene Darbietung, in die auch Felix Sokoli an der Orgel, Ines Behrendt (Sopran) und Frank Segner (Bariton) und das Streichorchester mit Markus Gonther (Violine), Hongxia Cui, Carolin Wehse, Julia Müller-Runte, Wolfgang Birtel (Viola), Philipp Schweikhardt, Daniela Kraul, Stefanie Matros und Noemi Toth (Violoncello) einbezogen werden müssen.
Am Tag vor dem Totensonntag war für das Requiem der richtige Zeitpunkt zur Darbietung gewählt worden. Mit Requiem (lateinisch „Ruhe“) werden in der katholischen Kirche die Totenmesse oder ganz allgemein Kirchenmusik zum Totengedenken bezeichnet.
Die Besucher in der fast vollbesetzten Kirche konnte nicht nur die Musik genießen, sondern durch den ausgelegten Text in Latein und deutscher Übersetzung auch die Ängste vor dem Tod und den Weg zur Erlösung durch Glaube und letztendlich die ewige Ruhe nachvollziehen. Die anspruchsvolle Literatur bereitetet dem Vocalensemble keine Schwierigkeiten. Vielleicht auch deshalb, weil es ein Wunsch des Chores gewesen war, ein Requiem zu singen. Dass sich der aus rund 40 Sängerinnen und Sängern bestehende Chor mit dem Werk angefreundet hat, wie zu Beginn verkündet, war jedenfalls deutlich zu spüren gewesen.