Back to the 60’s 2012

02.06.2012 Aula Immanuel-Kant-Schule in Rüsselsheim
Leitung: Stefan Speyer

Instrumente: Felix Mannherz (Gitarre)
Niklas Quernheim (Bass)
Jasper Hanel (Schlagzeug)

Programm:

Eight days a week – Beatles
No milk today – Hermans Hermits
Turn, turn, turn – The Byrds
From me to you – Beatles
I say a little prayer for you – Burt Bacharach (1928 -)
Ain’t no mountain high enough – Nickolaus Ashford (1942 – 2011)
Where have all the flowers gone – Pete Seeger (1919 -)
Blowin in the wind – Bob Dylan (1941 -)
All you need is love – Beatles
The fool on the hill – Beatles
The long and winding road – Beatles
Eleanor Rigby – Beatles
Scarborough fair – Simon and Garfunkel
Bridge over troubled water – Simon and Garfunkel
Aquarius – G. Mac Dermot
Let the sunshine in – G. Mac Dermot
As tears go by – The Rolling Stones
Lady Madonna – Beatles

Details zum Programm

Interview mit Stefan Speyer, musikalischer Leiter des Vocalensembles Rüsselsheim e.V.

Einleitung: Vielen Dank für Ihre Bereitschaft, sich bei Ihrem vollen Terminplan Zeit für unser Gespräch zu nehmen.
Antwort: Über Musik zu sprechen macht mir immer viel Freude, weshalb ich die Fragen dieses Interviews sehr gerne beantworten werde.

Frage: Herr Speyer, Sie sind an einem Binger Gymnasium Lehrer für Musik und Religion. Darüber hinaus leiten Sie mehrere Chöre. Was sind vor diesem Hintergrund Ihre musikalischen Ziele in der Chorsaison 2012?
Antwort: Die Zielsetzungen sind recht verschieden, da meine Chöre auch mehrere meiner „Lebensbereiche“ repräsentieren. Da gibt es zunächst in meiner Schule einen Gospelchor für Jugendliche ab Klasse 7. Mit dieser Gruppe visiere ich als nächstes Ziel das jährliche Sommerkonzert der Schule an, für das wir zurzeit ein ABBA-Medley vorbereiten. Außerdem leite ich in unserer Kirchengemeinde einen Kinderchor sowie einen Jugendchor, der ähnlich wie mein Schulchor hauptsächlich Gospels singt – beide Gruppen wirken immer wieder bei der Gestaltung von Gottesdiensten mit, so dass ich dort meist kleinere Projekte parallel in Vorbereitung habe. Schließlich mein „Privatvergnügen“, das Vocalensemble – hier habe ich das Konzert am 2. Juni mit Songs der 60er Jahre im Blick sowie Ende des Jahres unser traditio-nelles Adventssingen in der Versöhnungskirche, Rüsselsheim.

Frage: Welches der genannten Projekte wird Sie am meisten in Anspruch nehmen?
Antwort: In diesem Jahr ist dies ganz eindeutig das 1960er-Jahre-Konzert im Juni. Abgesehen von der regelmäßigen Probenarbeit war und ist die Stückauswahl, die Notenbeschaffung bzw. das Arrangieren von Chorsätzen sowie das Erstellen von Einzelstimmen für die Begleitband eine sehr zeitaufwändige Angelegenheit. Das wird bei den Vorbereitungen für das Ad-ventskonzert nicht anders sein. Dennoch macht mir diese Arbeit viel Spaß.

Frage: Was sind die Auslöser Ihrer Ideen zu den vorgenannten Events? Sind das z. B. eingehende Anfragen, Tradition, die Erwartungen Ihres Publikums, die Wünsche und Fähigkeiten Ihrer Chöre, Neugier, erforderlicher Zeitrahmen. Experimentierfreudigkeit?
Antwort: Im Prinzip haben Sie in Ihrer Frage in der Tat alle wichtigen Impulse und Antriebsfaktoren schon genannt – je nach Gruppe trifft ein Aspekt etwas mehr oder weniger zu. Vielleicht doch noch ein weiterer Gedanke: Für mich ist sehr wichtig, dass die Musik, die ich mit meinen Chören einstudieren und aufführen möchte, mir persönlich etwas bedeutet, dass sie mich interessiert – sonst würde mir der Ansporn fehlen, mich mit ihr intensiv auseinanderzusetzen.

Frage: Für Auswertung und Bearbeitung der Noten, Vorbereitungen, Chorproben, Aufführungen, die Fahrzeiten, das Engagement der notwendigen Musiker usw. kommen etliche Stunden zusammen. Wie bringen Sie die zwei Jobs und Ihr Familienleben unter einen Hut?
Antwort: Ja, mitunter ist ein recht turbulenter Alltag zu bewältigen, zumal meine Frau oft dann beruflich unterwegs ist, wenn ich zu Hause bin. Ich gestehe auch, dass ich angesichts der vielen sehr unterschiedlichen Anforderungen manchmal die Übersicht verliere – so ist es jedes Mal eine erneute Herausforderung, in die Unmengen Unterrichtsmaterialien und Noten in meinem Arbeitszimmer wieder eine gewisse Grundordnung zu bringen.

Frage: Ihrer Antwort entnehme ich zwischen den Zeilen, dass Beruf und Berufung Sie täglich an Ihre Leistungsgrenze und darüber hinaus führen. Wie gelingt es Ihnen, angesichts Ihres immensen Tagespensums Ihre Mitwirkenden jederzeit freundlich, interessiert, ausgeglichen und trotzdem zielorientiert auf Ihrem Weg mitzunehmen, als hätten Sie für sie alle Zeit der Welt?
Antwort: Meistens empfinde ich diese vielfältigen Tätigkeiten eher als positiven „Stress“, da ich Dinge tun kann, die mir am Herzen liegen. Auch darf man nicht vergessen, dass die Musik eine ausgleichende und selbst mitten in der anstrengendsten Probenphase immer wieder entspannende Wirkung hat. Insgesamt finde ich es schön, dass mich die Musik in so vielen verschiedenen Lebenssituationen – in der Schule, der Gemeinde und natürlich privat – begleitet und ich durch sie mit vielen Menschen in Kontakt kommen darf, mit Kindern und Jugendlichen ebenso wie mit Erwachsenen.

Frage: Wie erkennen Sie im Wesentlichen in einem sich aus vielen Einzelindividuen aller Altersklassen mit unterschiedlichster gesanglicher Befähigung zusammensetzenden Chor, ob Sie mit ihm zusammen als Musiklehrer oder Chorleiter Ihre musikalischen Ziele verwirklichen können?
Antwort: Nicht immer erkennt man sogleich, ob mit einer bestimmten Gruppe die eigenen Vorstellungen umsetzbar sind. Und sicherlich gab und gibt es auch Fehlentscheidungen. Aber daraus lernt man, und nach nunmehr 20 Jahren Lehrerdasein und etwa gleich langer Chorleitererfahrung kann ich (hoffentlich) ganz gut einschätzen, was jeweils machbar ist.

Frage: Welche Hauptmotive haben die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen aus Ihrer Sicht in Ihren Chören zu singen?
Antwort: Ich vermute, es sind vor allem zwei Motive – die Freude am Singen und das Gemeinschaftserlebnis. Außerdem erfährt man als Sängerin oder Sänger, dass die Musik das Leben ungemein bereichern kann.

Frage: Ihr Hauptprojekt in 2012 sind die „Songs der 1960er Jahre“, die am Samstag, 02.06.2012 dargeboten und in diesem Jahrzehnt 50 Jahre alt werden. Die 1960er waren, bis zur deutschen Wiedervereinigung 1989, die national und international politisch bedeutsamsten und bewegtesten Jahre der Nachkriegszeit. John F. Kennedy wird zum Hoffnungsträger der westlichen Welt, die Supermächte lassen auf der ganzen Welt ihre atomaren Muskeln spielen, der Vietnamkrieg erschüttert die Menschheit, Ost- und Westdeutschland trennt eine Mauer, Studentenunruhen zerbrechen herkömmliche Traditionen, die europäische Staaten rücken zusammen, der Weltraum wird erobert, die Hippiebewegung entsteht und findet weltweit Beachtung, die Entkolonisation ist nicht aufzuhalten, Friedens- und Freiheitsbewegungen gehen gestärkt aus den 1960ern hervor. Wie haben diese weltweit wirksamen Ereignisse die Popsongs der 1960er geprägt oder wären sie gar ohne dieses Geschehen nicht entstanden?
Antwort: Eine wirklich interessante, allerdings sehr komplexe Frage, über die es bestimmt viel Literatur gibt. Ich gestehe, dass ich, was die Musikgeschichte betrifft, eher „klassisch“ ausgebildet bin und nicht wirklich fundiert zum sozialgeschichtlichen Entstehungshintergrund der Pop-Rock-Musik Stellung nehmen kann. Aber ich glaube schon, dass sich hier offenkundige Beeinflussungen zeigen; selbstverständlich schlugen sich der sog. „kalte Krieg“ sowie die Visionen der Friedensbewegung in den Texten der Pop-Songs nieder, man denke nur an Joan Baez oder Bob Dylan.

Frage: In den deutschen Hitlisten der 1960er sind englischsprachige Popsongs so gut wie nicht vorhanden. Was könnte der Grund dafür gewesen sein?
Antwort: Auch hier kann ich nur vermuten, dass es mit der spezifischen Nachkriegssituation in Deutschland zu tun hat, die hier nachwirkt. Deutschsprachige, unkomplizierte Heile-Welt-Schlager waren wahrscheinlich die musikalische Kost, die die Menschen in der Zeit des Wiederaufbaus für ihre Seele brauchten.

Frage: Was sind die erwähnenswertesten Kennzeichen und Botschaften der zur Aufführung kommenden Popsongs?
Antwort: Diese sind durchaus unterschiedlich, was sich auch in der Programmfolge und den darin enthaltenen Schwerpunkten zum Ausdruck kommt. Auf der einen Seite gibt es unkomplizierte, lebensfrohe Songs, die – natürlich! – von der Liebe handeln, wie „Eight days a week“ von den Beatles oder „Ain’t no mountain high enough“. Thematisch ähnlich, aber eher politisch durch die Friedensbewegung beeinflusst sind Songs aus der „Flower-Power“-„Hippie“-Ecke wie „Let the sunshine in“ aus „Hair“ oder die experimentellen Beatles-Songs wie „All you need is love“. Dann gibt es auch Nachdenklicheres aus den USA wie „Where have all the flowers gone“, „Blowin‘ in the wind“ oder Stücke von Simon & Garfunkel. Musikalisch zeigt sich eine eher noch größere Vielfalt verschiedener Stile (Beat, Soul, balladenhaftes).

Frage: In welchem der Songs kommt das am deutlichsten zum Ausdruck?
Antwort: Es ist kaum möglich, einem einzelnen Song hier so viel Gewicht beizumessen. Vielleicht würde ich aber doch „Turn, turn, turn“ erwähnen, dessen Text aus der Bibel entlehnt ist und sinngemäß davon handelt, dass alles im Leben seine Zeit und seinen Ort hat – also eine recht umfassende Botschaft!

Frage: Sie und das Vocalensemble Rüsselsheim haben seit 1996 gut über 30 Konzerte mit insgesamt etwa 420 Einzelstücken, teilweise in Wettbewerben, erfolgreich aufgeführt und dabei Klassik, Pop, Gospels, Musicals, Geistliches und anderes geboten. Wie haben Sie es geschafft, über bisher 16 Jahre hinweg diese stolze Bilanz aufzustellen und zu halten?
Antwort: Nicht ich habe das geschafft – wir haben das geschafft (auch wenn sich unsere „Besetzung“ immer mal wieder verändert hat). Offensichtlich gelang und gelingt es uns immer wieder, gemeinsam Interesse für die unterschiedlichsten Projekte zu entwickeln – und daran sehr viel Spaß zu haben. Daraus resultiert ein großes Engagement aller Beteiligten, und dies ist eine gute Basis für eine nachhaltige Zusammenarbeit.

Frage: Mit welchen Worten bzw. Argumenten sollte man für den Besuch des Popsong-Konzertes werben oder womit werden die Besucherinnen und Besucher des Konzertes musikalisch belohnt? Sind das z. B. Glücksgefühle, Erinnerungen an alte Zeiten, entspanntes Anhören wohltuender Melodien, Erweckung oder Wiedererweckung der Nächstenliebe?
Antwort: Genau in dieser Reihenfolge!

Herr Speyer, vielen Dank für das informative Gespräch. Ihnen und dem Vocalensemble Rüsselsheim wünsche ich reichlichen Erfolg bei der Aufführung Ihres Popsong-Konzerts.