Lieb´ du mich, wie ich dich… 2003
29.06.2003 Adlerpalast in Rüsselsheim
Leitung: Stefan Speyer
Instrumente: Eveline Casteal (Klavier)
Programm:
He, Zigeuner greife in die Saiten / aus „Zigeunerlieder op. 103 – Johannes Brahms (1833 – 1897)
Hochgetürmte Rimaflut / aus „Zigeunerlieder op. 103 – Johannes Brahms (1833 – 1897)
Wisst ihr, wann mein Kindchen / aus „Zigeunerlieder op. 103 – Johannes Brahms (1833 – 1897)
Lieber Gott, du weißt / aus „Zigeunerlieder op. 103 – Johannes Brahms (1833 – 1897)
Brauner Bursche führt zum Tanze / aus „Zigeunerlieder op. 103 – Johannes Brahms (1833 – 1897)
Röslein dreie in der Reihe / aus „Zigeunerlieder op. 103 – Johannes Brahms (1833 – 1897)
Kommt dir manchmal in den Sinn / aus „Zigeunerlieder op. 103 – Johannes Brahms (1833 – 1897)
Horch, der Wind klagt in den Zweigen / aus „Zigeunerlieder op. 103 – Johannes Brahms (1833 – 1897)
Weit und breit schaut niemand mich an / aus „Zigeunerlieder op. 103 – Johannes Brahms (1833 – 1897)
Mond verhüllt sein Angesicht / aus „Zigeunerlieder op. 103 – Johannes Brahms (1833 – 1897)
Rote Abendwolken ziehn / aus „Zigeunerlieder op. 103 – Johannes Brahms (1833 – 1897)
The dance / aus „Bavarian Highlands“ op. 27 – Edward Elgar (1857 – 1934)
False love / aus „Bavarian Highlands“ op. 27 – Edward Elgar (1857 – 1934)
Lullaby / aus „Bavarian Highlands“ op. 27 – Edward Elgar (1857 – 1934)
Aspiration / aus „Bavarian Highlands“ op. 27 – Edward Elgar (1857 – 1934)
On the Alm / aus „Bavarian Highlands“ op. 27 – Edward Elgar (1857 – 1934)
The Marksmen / aus „Bavarian Highlands“ op. 27 – Edward Elgar (1857 – 1934)
Zigeunerleben / op. 29 Nr. 3 – Robert Schumann (1810 – 1856)
Hörst du nicht die Bäume rauschen / aus „Gartenlieder“ op. 3 – Fanny Hensel (1805 – 1847)
Schöne Fremde / aus „Gartenlieder“ op. 3 – Fanny Hensel (1805 – 1847)
Im Herbste / aus „Gartenlieder“ op. 3 – Fanny Hensel (1805 – 1847)
Morgengruß / aus „Gartenlieder“ op. 3 – Fanny Hensel (1805 – 1847)
Abendlich schon rauscht der Wald / aus „Gartenlieder“ op. 3 – Fanny Hensel (1805 – 1847)
Im Wald / aus „Gartenlieder“ op. 3 – Fanny Hensel (1805 – 1847)
Presseberichte
Details zum Programm:
Ganz im Zeichen der Romantik steht unsere Sommer-Matinee im Juni mit drei zyklischen Werken von Edward Elgar, Johannes Brahms und Fanny Hensel. Die Musik sowie die zugrunde liegenden Texte bringen typische Aspekte der romantischen Weltauffassung zum Ausdruck; Naturlyrik, die Vorliebe für das Dunkle und Geheimnisvolle und – wie könnte es anders sein? – die Liebe werden die inhaltlichen Schwerpunkte bilden.
Zu Beginn soll Robert Schumanns (1810-1856) „Zigeunerleben“ (nach einem Gedicht von Emanuel Geibel) erklingen. In diesem klavierbegleiteten Chorsatz – einem der beliebtesten und bekanntesten des Komponisten – erkundet Schumann die Spannung zwischen Volkstümlichkeit und künstlerischem Anspruch und gestaltet eine plastisch gezeichnete kleine Szene von ausgeprägt exotischem Timbre.
Es schließt sich der erste größere Zyklus an, die „Scenes from the Bavarian Highlands“ des Engländers Sir Edward Elgar (1857-1934). In den Jahren 1893 bis 1895 verbrachten Elgar und seine Frau Alice (von ihr stammen auch die Texte zu den Chorstücken) ihre Sommerferien in Bayern. Die sechs „Partsongs“ mit Klavierbegleitung entstanden unter dem Eindruck der Landschaft und des dörflichen Lebens mit seinen „Schuhplattler-Tänzen“ und Pferde-Trams – jedoch ist die musikalische Sprache keineswegs besonders bajuwarisch, sondern vielmehr recht „britisch“ geraten. Der Zyklus hat eine große Finalsteigerung mit einer hymnisch-choralartigen Melodie, wie sie für Elgar später – etwa in den Orchestermärschen „Pomp and Circumstance“ oder in seinen großen Oratorien – typisch werden sollte. In ihrem Gestus erinnern die Stücke zudem ein wenig an Brahms‘ „Liebesliederwalzer“ und sind bis heute – besonders in England – sehr beliebt.
Mit Sicherheit seltener zu hören sind die sechs „Gartenlieder op.3“ für Chor a cappella von Fanny Hensel (1805-1847), einer älteren Schwester Felix Mendelssohn-Bartholdys, die im Schatten ihres berühmten Bruders zahlreiche Kompositionen schuf, darunter auch viel Chormusik. Im Gartensaal der Familie fanden sogenannte „Sonntagsmusiken“ statt, in deren häuslichen Rahmen zahlreiche Werke von Fanny Hensel aufgeführt wurden. Allerdings gab es für Fanny praktisch keine Möglichkeiten, als Komponistin über diesen privaten Rahmen hinaus zu wirken, denn das Verständnis jener Zeit von der Rolle der Frau – das sich auch ihre Familie ganz zu eigen machte – erlaubte kein künstlerisches Wirken in der Öffentlichkeit. Vielleicht können wir ein wenig dazu beitragen, dass Fanny Hensels zu Unrecht bislang kaum beachtetes Werk etwas mehr Aufmerksamkeit erlangt, handelt es sich bei den Chören doch um sehr niveauvolle Musik, angeregt durch Texte u.a. von Eichendorff und Uhland. Vor allem Eichendorffs Gedichte inspirierten sie zu kongenialen Vertonungen.
Noch einmal kehren wir zurück in die Welt der „Zigeuner“. Die Texte der „Zigeunerlieder op.103“ von Johannes Brahms (1833-1897) basieren auf ungarischen Volksliedern (ins Deutsche übertragen von Hugo Conrat). Brahms komponierte die elf Lieder dieses Zyklus entweder während eines Winteraufenthalts 1887/88 in Budapest (so der erste Brahms-Biograph Max Kalbeck) oder im Sommer 1887 in Thun (S.Kross). Bei der Vertonung griff Brahms eine Gattung auf, die er schon in den „Liebeslieder-Walzern“ op.52 und op.65 und zuvor schon in einer ganzen Reihe von Sammlungen gepflegt hatte: das Vokalquartett mit Klavierbegleitung. Damit gemeint sind eigentlich solistisch besetzte Stimmen; beim voluminösen Klang moderner Klaviere erscheint jedoch eine chorische Aufführung legitim – solange der Chor nicht zu groß ist. Die „Zigeunerlieder“ sind mit ihren vielfältigen formalen Ideen und dem feinen Spiel mit den Ausdrucksebenen des Textes ein treffliches Beispiel für das Bestreben, keine simple Gebrauchsmusik schreiben zu wollen, sondern eine subtile kammermusikalische Auslotung der klanglichen und satztechnischen Möglichkeiten des Genres. Jede Nummer für sich ist ein musikalisches Kleinod und das Ganze ein wirklicher Zyklus. Der Musikkritiker Eduard Hanslick nannte die Lieder einen musikalischen „kleinen Roman“.